Die Vortragsreihe HFT meets IBA pr?sentiert innovative L?sungen f¨¹r eine nachhaltige Stadtentwicklung in der Region Stuttgart

L?rm und Ger?usche in der Stadt

Gesundes Wohnen trotz Verdichtung?

Im st?dtischen Bereich wird aufgrund des Wohnungsbedarfs immer dichter gebaut. Dabei kann der L?rm der Stadt laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) Gesundheitsrisiken f¨¹r die Menschen darstellen.  Kommunen, Planung und Forschung stehen hier vor neuen Herausforderungen. Wie wollen wir in Zukunft mit L?rm und Ger?uschen im urbanen Raum leben? Diese Fragen diskutierten Expertinnen und Experten aus Politik, Verwaltung, Umweltschutz, Forschung und Stadtplanung in der zweiten Veranstaltung von ?HFT meets IBA¡°. Die Gesamtreihe wird durchgef¨¹hrt durch das M4_LAB der Hochschule f¨¹r Technik Stuttgart (HFT) in Kooperation mit der Wirtschaftsregion Stuttgart GmbH (WRS) und der IBA¡®27 GmbH (IBA).

?Unsere Aufgabe ist eigentlich die L?rmprobleme zu l?sen und daf¨¹r zu sorgen, dass die L?rmprobleme gar nicht entstehen¡°, sagte Dr. Udo Weese, Leiter der Abteilung L?rmschutz im Ministerium f¨¹r Verkehr Baden-W¨¹rttemberg in seinem Gru?wort. Doch der L?rmschutz im Bereich Stra?enverkehr sei keine Erfolgsgeschichte. Heute werde in Gebieten gebaut, die man vor zehn Jahren noch vermieden h?tte. Der Trend zur Verdichtung erfordere neues Denken und neue L?sungen, sagte Weese. ?Mir fehlt in der Diskussion um den verdichteten Raum die Evaluation. Ich m?chte wissen, was ein gelungenes Beispiel einer Verdichtung ist ¨C direkt an der Stra?e und an der Schiene. Ich m?chte gern wissen, was gut ist, um daraus zu lernen,¡° sagte er. Er hoffte, dass Stadtplanung und L?rmschutz in der interdisziplin?ren Zusammenarbeit zusammenr¨¹ckten, anstatt im Clinch zu liegen. ?Wir sollten die Dinge nicht nur planerisch bew?ltigen, sondern vor allem Probleme l?sen.¡° Dabei m¨¹sse kleinteilig geplant werden, es gebe hier keine L?sungen von der Stange.

Tools f¨¹r die Stadtplanung: L?rmkarten und Simulationen

Alexander Lee, Forscher im Bereich Akustik an der Hochschule f¨¹r Technik Stuttgart (HFT), gab Einblick in die Forschungsprojekte der Hochschule. Forscherinnen und Forscher aus den Gebieten Akustik, Mobilit?t, Planung und Architektur suchen interdisziplin?r nach neuen L?sungen von L?rmproblemen. So untersucht Akustiker Lee die Schallausbreitung im Au?enraum, zum Beispiel, wie sich in einer von H?usern ges?umten Stra?enschlucht der Schall ausbreitet.  Methoden sind hierbei Simulationen und Modellmessungen im Akustiklabor. Somit hat man bessere Werkzeuge zur Planung zur Verf¨¹gung, die eine genauere Prognose der L?rmausbreitung im urbanen Raum erm?glichen. Dar¨¹ber hinaus arbeiten die HFT mit engagierten B¨¹rgerinnen und B¨¹rgern vom OK Lab Stuttgart zusammen, die einen L?rmsensor entwickelt haben, um den L?rm in ihrer Wohnumgebung zu messen und zu beobachten. Die HFT arbeitet hier mit Methoden des ?Citizen Science¡°, der B¨¹rgerwissenschaft. Das hei?t, die B¨¹rgerinnen und B¨¹rger erheben wissenschaftliche Daten.

Au?erdem stellte Lee eine neue Methode namens Soundscape vor. Hier wird Schall nicht nur als Problem gesehen, sondern als Ressource. Wird zum Beispiel ein Brunnen neben Verkehrsl?rm platziert, so kann der L?rm durch angenehm empfundene Ger?usche maskiert werden.  ?Ob ein Ger?usch negativ oder positiv bewertet wird, ist zum Teil sehr subjektiv¡°, sagte Lee. F¨¹r die einen sei die Ger?uschkulisse eines Fu?ballstadions ohrenbet?ubender Krach, f¨¹r die anderen haupts?chlich ein Event.

Wann macht L?rm krank?

J?rdis Wothge, Umweltpsychologin am Umweltbundesamt (UBA) wies auf neuere Untersuchungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hin. So steigt aufgrund des L?rms das Risiko an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlafst?rungen und psychischen Erkrankungen zu leiden. Das Risiko an einer koronaren Herzerkrankung zu erkranken, steigt bereits bei 59 dB (A) durchschnittlicher Mittelungspegel des Stra?enverkehrs um ¨¹ber 5%.  Das Risiko an einer Depression zu erkranken steigt bei ¨¹ber 45 dB (A) Dauerbeschallung um 25 bis 30 Prozent, so die Heinz-Nixdorf-Studie.

Die WHO empfiehlt zur Vermeidung von gesundheitssch?dlichem Verkehrsl?rm, dass man tags¨¹ber nicht mehr als 53 dB (A) ausgesetzt sein sollte und nachts 45 dB(A). In Deutschland sind aber laut L?rmkartierungen knapp 5 Millionen Menschen durch Verkehrsl?rm von mehr als 55 dB (A) belastet, am Tag sind es 3 Millionen Menschen, die ¨¹ber 65 dB (A) ausgesetzt sind. Aus Umfragen des Umweltbundesamtes ergibt sich au?erdem, dass 75 Prozent der Befragten sich in ihrem Wohnumfeld durch Stra?enverkehr gest?rt oder bel?stigt f¨¹hlen.

L?rmschutz im Gesetz: Ein Wirrwarr an Bestimmungen

Die rechtliche Situation erl?uterte Dr. Christian Beckert, vom Ministerium f¨¹r Umwelt, Landwirtschaft und Energie des Landes Sachsen-Anhalt. ?Das L?rmschutzrecht ist l¨¹ckenhaft, aber es kommt noch dazu, dass es segmentiert ist.¡° Er f¨¹hrte eine F¨¹lle von rechtlichen Bestimmungen an, zum Beispiel im Eisenbahnrecht, in Bundesgesetz zum Immissionsschutz, der Verkehrsl?rmschutzverordnung oder die TA L?rm (Technische Anleitung zum Schutz gegen L?rm). Da heute Wohnungen und Gewerbe enger zusammengebaut werden als fr¨¹her, diskutierten viele Kommunen ¨¹ber Gesetzess?nderungen, die das Bauen von Wohnungen im urbanen Gebiet erleichtere. Beckert betonte, dass man jedoch zuerst Erfahrung und positive Beispiele im Bereich Gewerbe und Wohnen sammeln sollte, die zun?chst die ganze Kaskade an bestehenden rechtlichen Vorschriften durchlaufen. Ein Beispiel daf¨¹r sei in Stuttgart der Neckarpark.

Wie k?nnen wir St?dte akustisch im ?ffentlichen Raum gestalten?

Trond Maag, Urbanist in Z¨¹rich, pr?sentierte gelungene Beispiele von akustischer Stadtgestaltung mitten in urbanen Gebieten in Norwegen und der Schweiz. Er w¨¹nschte sich, dass Akustik als Teil der Stadtplanung begriffen wird. Mit den Gegebenheiten, die ein ?ffentlicher Raum bietet, k?nne gearbeitet werden. Als Beispiel stellte er ein Projekt in Oslo vor, wo ein Bach wieder ¨¹ber zwei Kilometer freigelegt wurde und durch ein neues Wohnquartier f¨¹hrte.  Obwohl das Quartier in der N?he von Verkehr, Gewerbe und Industrie geplant wurde, sorge das Gew?sser vor der Haust¨¹r daf¨¹r, dass die Umgebung als angenehm wahrgenommen werde, so Maag. Er w¨¹nschte sich, dass Stadtplanung den akustischen Raum und das Raumgef¨¹hl vor Ort beachtet und mit diesen Gegebenheiten arbeitet. Auch mit der Anordnung von Bauk?rpern k?nnten Unterschiede erzeugt werden, die den Verkehrsl?rm abschw?chen.

In der anschlie?enden Diskussion waren die Meinungen geteilt: W?hrend die eine Seite eher die Einschr?nkungen durch das bestehende Recht und deshalb kaum Handlungsspielraum sah, war die andere Seite der Ansicht, das gute, interdisziplin?re Zusammenarbeit innovative L?sungen finden k?nnte. Die IBA sei hierf¨¹r ein hervorragendes Experimentierfeld.

Veranstalterin der Reihe ?HFT meets IBA¡° ist das M4_LAB der HFT in Kooperation mit WRS und IBA¡®27. Das M4_LAB der HFT ist ein Transfervorhaben, das von der Bund-L?nder-Initiative ?Innovative Hochschule¡° gef?rdert wird.

Ver?ffentlichungsdatum: 10. M?rz 2020
Von Susanne Rytina (susanne.rytina@hft-stuttgart.de)